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Gläserne Wände - Bericht zur Benachteiligung nichtreligiöser Menschen in Deutschland

Aus aller Welt

Christlicher Nationalismus ist ein Schlüsselelement von Trumps Vermächtnis

Das Verständnis des christlichen Nationalismus ist von essenzieller Bedeutung, um die Präsidentschaft von Donald Trump und ihre Folgen für die Welt zu verstehen, meint Alastair Lichten von der britischen National Secular Society. Auch für Großbritannien sei es nicht unvorstellbar, dass er zum Mainstream werden könnte.

Das Verständnis des christlichen Nationalismus ist von essenzieller Bedeutung, um die Präsidentschaft von Donald Trump und ihre Folgen für die Welt zu verstehen, meint Alastair Lichten von der britischen National Secular Society. Auch für Großbritannien sei es nicht unvorstellbar, dass er zum Mainstream werden könnte.

Von Alastair Lichten, Sussex (UK)

Foto: Shutterstock

Über Trumps Präsidentschaft sind bisher über 1.200 Bücher geschrieben worden. Es wird einige Zeit und Distanz brauchen, um Trumps Neugestaltung der US- und Weltpolitik vollständig zu verstehen. Aber wie ich schon vor vier Jahren vorausgesagt habe, ist der christliche Nationalismus das Herzstück seiner politischen Agenda.

Christlicher Nationalismus

Bis vor kurzem sind Journalist*innen (außerhalb der säkularen und nicht-religiös ausgerichteten Medien) vor diesem Begriff zurückgeschreckt. Im Falle der USA sind sie vielleicht vorsichtig, um ein immer noch überwiegend christliches Publikum nicht zu beleidigen.

Seit dem Aufstand vor dem US-Kapitol am 6. Januar gab es wachsende Aufmerksamkeit für diesen Trend. Wie The Atlantic über den Jericho-Marsch (eine Gruppe der Protestierenden, die mit einem Marsch Gott beflehten, die Wahl zu kippen) sagte: „Viele von denen, die am Mittwoch das Kapitol belagerten, behaupteten, dass sie Gottes Willen durchsetzen wollten.“ Der Religion News Service zitierte einen Historiker: „Seit mittlerweile Jahrzehnten hat das evangelikale religiöse Leben, das evangelikale Predigen und die evangelikale Lehre einen Raum gefunden, um diese Art von Militanz zu fördern.“ Die New York Times merkte an: „Diese potente Mischung aus Kränkung und religiösem Eifer hat die Unterstützung bei einer breiten Schicht von Trump-Loyalist*innen in die Höhe getrieben, von denen sich viele als Teilnehmer*innen an einer Art heiligem Krieg beschreiben.“

Alastair Lichten ist Bildungsbeauftragter der National Secular Society, wo sein Beitrag zuerst erschienen ist. Er twittert als @AlastairLichten und bloggt als The Secularist Liberal.

Es gibt viele konservative Fantasien und liberale Horrorgeschichten über eine christliche Revolution, die die US-Regierung stürzt. Aber die Ereignisse des 6. Januar ließen diese nur allzu real erscheinen. Mit Galgen, die errichtet wurden, und bewaffneten Teilnehmer*innen, die Kabelbinder bei sich trugen und Geiseln nehmen wollten, drängen sich Vergleiche mit dem „Massaker am Präsidententag“ auf – dem fiktiven auslösenden Ereignis, das das theokratische Regime von Gilead in der Welt von „The Handmaid‘s Tale“ ins Leben ruft.

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Die Verwandlung von „Religionsfreiheit“ in eine Waffe

Säkularist*innen bewundern das klare Bekenntnis der Verfassung Amerikas zur Trennung zwischen Religion und Regierung. Aber es wäre schwer, in der US-Geschichte noch einmal vier Jahre zu finden, in denen sich diese Rechtsprechung dramatischer verändert hat. Jahrzehntealte Präzedenzfälle wurden umgestoßen und ein neues Verständnis von „Religionsfreiheit“, das dem christlichen Nationalismus entgegenkommt, ist an ihre Stelle getreten. Da ein ganzes Drittel der Bundesrichterschaft durch Trump auf Lebenszeit ernannt wurde, wird dies wahrscheinlich ein besonders nachhaltiges politisches Vermächtnis sein.

It’s (not) the economy, stupid

Im Jahr 2016 bestanden große Teile der Kommentierenden darauf, dass es abgesehen von der stürmischen Kulturkriegsrhetorik beim Trumpismus in Wirklichkeit um wirtschaftliche Ängste ging. Eine ähnliche Voreingenommenheit motiviert diejenigen, die darauf bestehen, dass der Islamismus nur als Reaktion auf wirtschaftliche Missstände erklärt werden kann.

In westlichen Demokratien scheint es so selbstverständlich zu sein, dass sich die Wähler*innen nach wirtschaftlichen Themen orientieren, dass jede andere ideologische oder kulturelle Sortierung oft als Abweichung oder bloße Rhetorik abgetan wird. Die Wirtschaft spielt beim Trumpismus eine Rolle, erklärt ihn aber nicht vollständig.

In seiner jüngsten Diskussion mit mir im Podcast der National Secular Society hob Andrew Seidel den Aufstieg des christlichen Nationalismus vom Rand ins Zentrum der amerikanischen politischen Macht hervor. Dies zu verstehen ist notwendig, um zu begreifen, wie sich die Identität der US-Parteien unter Trump in einem beispiellosen Ausmaß entlang kultureller und nicht wirtschaftlicher Linien sortiert hat.

Wir sollten uns besonders vor der politischen Sortierung entlang religiöser Linien hüten, angesichts der fast unvermeidlichen Politisierung der Religion, die damit einhergeht. In der Tat werden politische und nicht theologische oder gar sozialökonomische Unterschiede zu den größten konfessionellen Trennlinien in den USA. Und es sind kulturelle, nicht wirtschaftliche Kräfte, die die nicht-religiösen Amerikaner*innen in einen Wahlblock verwandeln, der vielleicht bald so zuverlässig die Demokraten wählt wie die Afroamerikaner*innen und doppelt so groß ist.

Wenn Amerika niest, holt sich die Welt eine Erkältung

Eine solche Dynamik in der britischen Politik entstehen zu sehen, ist nicht unmöglich. Unsere zunehmende Polarisierung zwischen städtischen und vorstädtischen Wähler*innen hat keine große religiöse Dimension, aber ähnliche Gräben wurden schon früher ausgenutzt. Christlich-nationalistische Bewegungen in den meisten europäischen Ländern mögen weniger entwickelt sein als ihre amerikanischen Gegenstücke. Doch es gibt tiefe finanzielle und institutionelle Verbindungen.

Obwohl die Parallelen zwischen der amerikanischen und der britischen Politik überbewertet werden können, blicken unsere Politiker*innen seit langem über den großen Teich, um sich inspirieren zu lassen. Nur wenige britische Spitzenpolitiker*innen streben danach, als „Großbritanniens Trump“ bezeichnet zu werden. Aber es gibt viele in Großbritannien – und nicht nur auf der politischen Rechten –, die eine potenzielle Neuausrichtung der Politik entlang von „Kulturkampf“-Themen als einen Weg zur politischen Macht sehen.

Es bleibt abzuwarten, ob der christliche Nationalismus eine dominante Ideologie der politischen Rechten in den USA bleiben wird. Aber es ist schwer vorstellbar, dass er sich nach vier Jahren an der Macht über Nacht wieder an den Rand zurückzieht. Und die Bedrohung, dass er in Großbritannien mehr zum Mainstream werden könnte, ist auch nicht von der Hand zu weisen. Wir müssen wachsam und bereit sein, die Verwandlung religiöser Identität in eine Waffe in Frage zu stellen.

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