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Kommentar

Katholischer Lobbyist arbeitet ohne Geldkoffer und ohne Erpressung

Glosse – Der Leiter des Katholischen Büros NRW hat dem Kölner „Domradio“ Einblicke in seine Arbeit gegeben. Wie es scheint, bildet seine Kirche einen wichtigen Gegensatz zum Wirken anderer Organisationen, die auf die Parlamentarier*innen Einfluss zu nehmen versuchen.

Der Leiter des Katholischen Büros NRW hat dem Kölner „Domradio“ Einblicke in seine Arbeit gegeben. Wie es scheint, bildet seine Kirche einen wichtigen Gegensatz zum Wirken anderer Organisationen, die auf die Parlamentarier*innen Einfluss zu nehmen versuchen.

Foto: Senlay / Pixabay

Glosse

Nicht nur Repräsentant*innen von Großkonzernen tun es. Sondern auch Gewerkschaften und eine Fülle vergleichbarer Organisationen auf gemeinnütziger Basis pflegen perfide Machenschaften, um ihren Willen unseren Regierungen und unserer Bevölkerung zu oktroyieren. Deren Vertreter*innen bewegen sich tagtäglich in den Räumlichkeiten der parlamentarischen Demokratie Deutschlands mit prall gefüllten Koffern voller Geldscheinen und mit der Neigung, bei Bedarf demokratisch gewählte Volksvertreter*innen schlicht und mit aller Härte zu erpressen. So jedenfalls stellte ich mir bisher den politischen Alltag in der Bundesrepublik vor.

Doch wie immer zu allen Zeiten, bringt jede gesellschaftliche Realität auch politische und soziale Gegenentwürfe hervor. Und wie so oft in den vergangenen Jahrhunderten lehnt sich derzeit eine Gruppe von Menschen gegen die Zustände bzw. Verkommenheit des politischen Systems in Deutschland, das traditionell von Korruption und sogar der Bereitschaft zu Straftaten geprägt zu sein scheint, auf:

„Mit Lobbyismus verbindet man in der Regel Großkonzerne oder Gewerkschaften, aber auch die Kirchen vertreten ihre Interessen im politischen Entscheidungsprozess“, leitete hierzu vorgestern das Kölner „Domradio“ ein Interview mit dem Leiter des Katholischen Büros NRW in Düsseldorf, Antonius Hamers, ein.

Das machte mich aufmerksam. Gibt es möglicherweise eine alternative, positive Kraft zum Einfluss der Großkonzerne oder den unter anderem von Adolf Hitler zutiefst verhassten Gewerkschaften auf die Politik?

Das Interview mit Antonius Hamers lieferte mir zunächst Hoffnung. „Wir leben in einer parlamentarischen Demokratie. Und in einer offenen Gesellschaft hat jeder die Möglichkeit, seine Interessen in den politischen Prozess mit einzubringen. Genauso wie es andere gesellschaftliche Gruppen gibt, die Interessen haben, sie bündeln und in den politischen Prozess einbringen, so haben selbstverständlich auch wir als Kirche die Möglichkeit und auch das Recht, in einer solchen Gesellschaft unsere Interessen zu formulieren und vorzutragen.“

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Parlamentarische Demokratie, offene Gesellschaft, freier Austausch von Argumenten: Welch humanistisch denkender Mensch verneigt sich nicht vor diesen Stichworten?

Antonius Hamers erträgt das Label „Lobbyist“ jedenfalls offenbar nur so, wie sein Jesus das Kreuz getragen haben mag. Schwer leidend und doch duldsam, weil er es grad nicht ändern kann, die unerleuchtete Welt ist halt so, alles dient einem höherem Zweck. Eigentlich ist er nur ein einfacher Interessenvertreter seiner Kirche, ganz schlicht und bescheiden, wie gesagt: ohne Geldkoffer, wenn er in Räumlichkeiten des deutschen Parlamentarismus unterwegs ist.

Allerdings nicht ohne enge, unmittelbare Verbindungen zu einer weltweit operierenden Organisation, in der selbst in jüngerer Geschichte massenhaft Sexual-Straftaten begangen und zugleich vertuscht wurden.

Und wie einst Jesus hat Hamers nur wenige Follower, die mit ihm an dem Ziel arbeiten, einen zivilgesellschaftlichen Gegensatz zu Korruption und Geldkoffer-Mentalität in den parlamentarischen Systemen Deutschlands herzustellen: „Ich und nicht nur ich alleine, sondern unser Büro, wir sind sechs Leute insgesamt“, so Hamers. Wo aber auch etwas Stolz durchscheint.

Sechs Personen, für ein Büro in einem deutschen Bundesland. Es sind allerdings bezahlte Follower: Also hat er doch einen Koffer voll Geld bzw. viele Koffer, denn mit nur einem kommt man in den gängigen Gehaltsgruppen nicht über ein Jahr.

Höret daher, ihr nicht-kirchlichen Konzerne, ihr Wohlfahrtsverbände und NGOs. Never outnumbered, never outgunned: Als jahrtausendealte Werte-Organisation hat seine Kirche neben den finanziellen Ressourcen für reich ausgestattete Lobbybüros ein besonders unschlagbares Instrument, erklärt Hamers.

„Es geht ja nicht darum, dass ich mit dem Geldkoffer rumlaufe, die Leute erpresse oder die Leute irgendwie auf diese Weise versuche, geschmeidig zu machen, sondern es geht um die Kraft des Argumentes.“

Jahrzehntelang trugen also Vertreter*innen von Gewerkschaften und vergleichbaren Organisationen Geldkoffer in die Parlamente und übten Erpressung, wo es nur ging, so dachte ich.

Doch, so verrät Hamers, es kommt nicht nur auf Argumente bzw. deren „Kraft“ an: „Das Wichtigste ist, die einzelnen politischen Prozesse zu beobachten und zu schauen, wo politische Entscheidungen anstehen. Insbesondere: Wo stehen Gesetzgebungsverfahren an? Wo sollen bestimmte Gesetze geändert werden? Oder gibt es von uns das Signal, dass wir da Änderungsbedarf sehen? Dann schauen wir: Wo gibt es Änderungsbedarf, wo gibt es Handlungsbedarf? Wo gibt es die Möglichkeit, sich in einen politischen Prozess einzuschalten, zum Beispiel in ein Gesetzgebungsverfahren, wo wir ja auch offiziell angefragt werden, wenn es Gesetze sind, die uns bzw. unsere Einrichtungen angehen.

Aber auch im Vorfeld gilt es schon zu schauen, wo sich denn Gesetzesänderungen ergeben könnten. Dann müssen wir ganz genau hinschauen: Wer sind die entsprechenden Ansprechpartner? Diese Ansprechpartner finden wir sowohl in der Legislative, also im Landtag wie in der Exekutive, sprich bei der Regierung bzw. in der Ministerialverwaltung. Dafür muss man viele Leute kennen und muss genau wissen, wer für welchen Bereich zuständig ist. Dann muss man die Leute ansprechen. Dafür muss man natürlich auch vorher nach Möglichkeit schon zu den Leuten irgendwie Kontakt gehabt haben, ein persönliches Verhältnis aufgebaut haben, um dann dort unsere einzelnen Forderungen zu platzieren.“

Achso funktioniert das. Nicht ganz ohne Geldkoffer, aber immerhin ohne Erpressung.

Doch nun mal im Ernst: Jeder aufgeklärte Mensch in Deutschland kennt das Narrativ einer parlamentarischen Einflussnahme durch „Geldkoffer“, „Erpressung“ und die „Macht der Gewerkschaften“. Wer dieses Narrativ anwendet, muss es unmittelbar und genau konkretisieren und belegen. Oder sich mit guten Gründen vorhalten lassen, aktiv nationalsozialistische und antisemitische Narrative zu bedienen. Der Leiter eines katholischen Büros bespielt solche Narrative halt mal so nebenher, bezahlt und politisch gedeckt durch eine Regierung, die die millionenhaften Zuweisungen an seine Kirche zum Großteil aus Zahlungen von nicht-katholischen Bürger*innen bezieht.

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