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Die Menschheit steht vielleicht vor einem „Klima-Endspiel“

Vor allem Klimaszenarien mit enormen Auswirkungen und geringer Wahrscheinlichkeit seien „gefährlich wenig erforscht“, sagen Wissenschaftler*innen.

Vor allem Klimaszenarien mit enormen Auswirkungen und geringer Wahrscheinlichkeit seien „gefährlich wenig erforscht“, sagen Wissenschaftler*innen in einer neuen Analyse für eine der renommiertesten Fachzeitschriften der Welt.

Berlin: Teilnehmer*innen bei einer Aktionswoche 2019 gegen die Klimakrise. Foto: Extinction Rebellion Deutschland / CC BY 4.0

Autor*innen einer aktuellen wissenschaftlichen Analyse sprechen sich dafür aus, dass sich die Menschheit auf ein „Klima-Endspiel“ einstellen muss. In einem in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlichen Beitrag argumentieren sie, dass bisher viel zu wenig getan wurde, um die Mechanismen zu verstehen, durch die steigende Temperaturen ein katastrophales Risiko für die Gesellschaft und die Menschheit darstellen könnten – etwa wenn der Temperaturanstieg drastischer ausfällt als von vielen vorhergesagt oder wenn bisher unberücksichtigte Kaskaden von Ereignissen auslöst werden – oder sogar beides. Nur eine Bewertung unter Berücksichtigung der größten Katastrophenrisiken biete eine Chance, sie zu verhindern.

„Unumkehrbare und potenziell katastrophale Risiken, die durch den vom Menschen verursachten Klimawandel verursacht werden, müssen in unsere Planung und unser Handeln einfließen. Wenn es einen roten Faden in der Wissenschaft der letzten 30 Jahre gibt, dann ist es dieser: Je mehr wir darüber lernen, wie unser Planet funktioniert, desto mehr Grund zur Sorge gibt es“, erklärt Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und eine*r der Autor*innen der Studie. „Kipppunkte rücken näher, nicht nur, weil wir immer mehr klimaschädliche Treibhausgase ausstoßen, sondern auch, weil wir zunehmend verstehen, dass unser Planet anfälliger ist. Er ist ein hochkomplexer Organismus mit Rückkopplungen und Wechselwirkungen, die seine Funktionen ganz plötzlich von Dämpfung und Abkühlung auf Verstärkung und Erwärmung umstellen können. Das Absterben des Amazonas und das beschleunigte Abschmelzen des Grönlandeises sind Beispiele für Systeme, die schnell von kühlenden Kohlenstoffsenken zu Quellen weiterer Erwärmung werden können. Das bedeutet, dass wir uns nicht damit begnügen können, nur Mittelwerte zu betrachten, sondern, dass wir nichtlineare extreme Risiken einkalkulieren müssen. Die Mathematik der Katastrophe durchzurechnen könnte der Schlüssel dazu sein, sie zu vermeiden“, so Rockström weiter.

Menschliche Anpassungsfähigkeit könnte überfordert werden

In der Analyse heißt es, es gebe „vier Hauptgründe, sich über das Potenzial einer globalen Klimakatastrophe Sorgen zu machen. Erstens gibt es Warnungen aus der Geschichte. Der (regionale oder globale) Klimawandel hat beim Zusammenbruch oder Wandel zahlreicher früherer Gesellschaften und bei jedem der fünf Massenaussterben in der Erdgeschichte des Phanerozoikums eine Rolle gespielt. Der derzeitige Kohlenstoffimpuls vollzieht sich in einem geologisch beispiellosen Tempo und könnte bis zum Ende des Jahrhunderts die Schwellenwerte überschreiten, die frühere Massenaussterben auslösten. Die Worst-Case-Szenarien des IPCC-Berichts prognostizieren für das 22. Jahrhundert Temperaturen, wie sie zuletzt im frühen Eozän herrschten, und kehren damit 50 Millionen Jahre kühleren Klimas innerhalb von zwei Jahrhunderten um.“

Fünf nach Zwölf – Die Klimakrise steht nicht vor der Tür unserer Zukunft, sie ist bereits Teil unserer Gegenwart. Auch humanistische Organisationen setzen sich deshalb seit langem konkret und auf vielfältige Weise dafür ein, dass die schlimmsten Folgen abgewendet werden. Lesen Sie hierzu weiter ins unserer Ausgabe 1/2020.


„Dies ist besonders besorgniserregend, da die menschlichen Gesellschaften lokal an eine bestimmte klimatische Nische angepasst sind. Der Aufstieg großflächiger, urbanisierter Agrargesellschaften begann mit dem Übergang zum stabilen Klima des Holozäns vor etwa 12.000 Jahren. Seitdem erreichte die menschliche Bevölkerungsdichte ihren Höhepunkt innerhalb eines engen klimatischen Rahmens mit einer durchschnittlichen Jahrestemperatur von ∼13 °C. Auch heute noch sind die wirtschaftlich produktivsten Zentren menschlicher Aktivitäten in diesen Gebieten konzentriert. Die kumulativen Auswirkungen der Erwärmung könnten die Anpassungsfähigkeit der Gesellschaft überfordern.

Zweitens könnte der Klimawandel andere katastrophale Risiken wie internationale Konflikte direkt auslösen oder die Ausbreitung von Infektionskrankheiten und das Spillover-Risiko verschlimmern. Dies könnten starke extreme Bedrohungsmultiplikatoren sein.

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Drittens könnte der Klimawandel die Anfälligkeit verschärfen und vielfältige, indirekte Belastungen (wie wirtschaftliche Schäden, Landverluste, Wasser- und Ernährungsunsicherheit) verursachen, die sich zu systemweiten, synchronen Ausfällen zusammenfügen. Dies ist der Weg des systemischen Risikos. Globale Krisen entstehen in der Regel durch solche sich verstärkenden ‚synchronen Ausfälle‘, die sich über Länder und Systeme hinweg ausbreiten, wie bei der globalen Finanzkrise 2007-2008. Es ist plausibel, dass eine plötzliche Veränderung des Klimas Systemausfälle auslösen könnte, die Gesellschaften auf der ganzen Welt aus dem Gleichgewicht bringen.“

2070 leben vielleicht Milliarden in extrem heißen Gebieten

Das Potenzial des systemischen Klimarisikos sei groß, da die am stärksten gefährdeten Staaten und Gemeinschaften in einer sich erwärmenden Welt am stärksten betroffen sein werden, was die Ungleichheiten noch verschärfe. Bei Verwendung des mittelhohen Szenarios für Emissionen und Bevölkerungswachstum werden bis 2070 voraussichtlich etwa zwei Milliarden Menschen in extrem heißen Gebieten mit über 29 Grad Jahresmitteltemperatur leben. Derzeit leben nur 30 Millionen Menschen in so heißen Gebieten, vor allem in der Saharawüste und an der Golfküste.

Extreme Temperaturen in Verbindung mit hoher Luftfeuchtigkeit könnten sich zudem negativ auf die Produktivität der im Freien arbeitenden Menschen und die Erträge der wichtigsten Getreidearten auswirken. Diese tödlichen Hitzebedingungen könnten die besiedelten Gebiete in Süd- und Südwestasien erheblich beeinträchtigen.

Und schließlich könnte der Klimawandel die Fähigkeit der Menschheit, sich von einer anderen Katastrophe, wie beispielsweise einem Atomkrieg, zu erholen, unwiderruflich untergraben. Das heißt, er könnte erhebliche latente Risiken schaffen: „Auswirkungen, die in Zeiten der Stabilität vielleicht noch überschaubar sind, würden zur Katastrophe, wenn es darum geht, darauf zu reagieren und sich davon zu erholen. Diese verschiedenen Ursachen für die Besorgnis über Katastrophen sind miteinander verknüpft und müssen gemeinsam untersucht werden“, so die Analyse.

Studienautor Luke Kemp ergänzte: „Ein besseres Verständnis von Klimakatastrophenszenarien kann dazu beitragen, die Öffentlichkeit zum Handeln zu bewegen. Das Verständnis des nuklearen Winters hatte eine ähnliche Funktion für die Debatten über die nukleare Abrüstung. Wir wissen, dass der Temperaturanstieg einen ‚fetten Schwanz‘ hat, d. h. eine breite Palette von weniger wahrscheinlichen, aber potenziell extremen Ergebnissen“, so Kemp weiter und er betont: „Sich einer Zukunft mit beschleunigtem Klimawandel zu stellen und gleichzeitig blind für Worst-Case-Szenarien zu sein, ist bestenfalls naives Risikomanagement und schlimmstenfalls töricht.“

Quelle: Luke Kemp et al (2022): Climate Endgame: Exploring catastrophic climate change scenarios. Proceedings of the National Academy of Sciences (DOI: 10.1073/pnas.2108146119), Weitere Informationen auf cam.ac.uk/stories/climateendgame

Ähnlich wie die jetzt erschienene Analyse argumentierte im vergangenen Mai der neue Bericht des Stockholmer Friedenforschungsinstituts SIPRI. Der Bericht warnte vor einem neuen Krisen-Zeitalter, da es gegenwärtig eine gefährliche Mischung aus Umwelt- und Sicherheitskrisen gibt, die zusammenkommen und sich gegenseitig verschärften könnten. Die Autor*innen formulierten zugleich fünf Grundsätze, die politischen Entscheidungsträger*innen bei der Bewältigung der aktuellen Gefahrenlage helfen sollen.

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