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Interview

„Es gibt wenig Absurderes als ein Wesen, das neugierig ist.“

Humanismus ist nicht immer witzig und nur die wenigsten Witze sind ausdrücklich humanistisch. Und trotzdem wohnt Humor und Witz ein humanistisches Potenzial inne, sagt der britische Comedian Robin Ince im Interview.

Humanismus ist nicht immer witzig und nur die wenigsten Witze sind ausdrücklich humanistisch. Und trotzdem wohnt Humor und Witz ein humanistisches Potenzial inne, sagt der britische Comedian Robin Ince im Interview.

„Es ist eine große Chance, mit Humor das Menschliche zu erforschen“, sagt Robin Ince. Foto: Steve Ullathorne

Robin Ince, gehören Humor und Humanismus für Sie zusammen?

Robin Ince: Unsere Absurdität ist einer der ergiebigsten Quellen für Humor, ob bei Samuel Beckett, Laurel und Hardy oder Will Ferrell. Es gibt wenig Absurderes als ein Wesen, das neugierig ist, Fragen stellt und sich seines eigenen unausweichlichen Todes bewusst ist. Ich bin mir nicht sicher, inwieweit meine humanistische Prägung bei der Suche nach Humor eine Rolle spielt, aber zumindest erlaubt sie mir, sämtliche Dinge ohne Angst vor Verdammung durch eine göttliche Instanz zu betrachten.

Ich glaube auch, Humanismus könnte eine Rolle dabei spielen, wie man über die Wirkung von Witzen auf Menschen nachdenkt. Obwohl ich denke, dass man über alles einen Witz machen kann, wenn man das möchte, nehme ich die möglichen Kollateralschäden sehr ernst. Mein verstorbener Freund Barry Crimmins, ein großartiger Aktivist, sagte einmal: „Worte können Granatsplitter sein, man muss darüber nachdenken, wo man sie versprüht.“

Was kann Humor zu einer humanistischen Lebensführung beitragen?

RI Eines der größten Potenziale von Humor – also abgesehen davon, jemanden zum Lachen zu bringen – liegt meines Erachtens darin, dass Humor es erlaubt, über bestimmte Dinge zu sprechen, und er etwas von dem Menschen offenbart, das in der Regel verborgen bleibt, wenn wir unsere sozialen Masken tragen. Wir sind Narren, also dürfen wir uns an Orte oder Gedanken wagen, die uns ängstigen oder tabuisiert sind. Es ist eine große Chance, mit Humor das Menschliche zu erforschen.

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Hilft uns Humor dabei, den Zustand der Welt besser zu ertragen?

RI Ich habe mit einigen Therapeut*innen darüber gesprochen (natürlich habe ich mit Therapeut*innen gesprochen, ich bin Komiker, irgendwann landen wir doch alle auf der Couch) und verstanden, dass abgrundtief brutale Witze uns oft nur vermeintlich mit einer Situation klarkommen lassen. Dabei lenken sie uns in Wahrheit nur kurz von einer Sache ab, die uns innerlich zerreißt. Und dann gibt es Witze, die uns das Komische an einer Situation sehen lassen, uns gleichzeitig aber dabei helfen, sie zu akzeptieren.

Ich erinnere mich an eine interessante Erfahrung in diesem Zusammenhang: Als meine Mutter starb und ich ein paar Tage später auf der Bühne stand und irgendwie einen Weg finden musste, mit der Situation umzugehen, in der ich mich eben befand. Ein paar gute Witze sind mir wohl gelungen, und sie führten dazu, dass die Leute hinterher auf mich zukamen und über ihre eigenen Trauererfahrungen sprechen wollten oder darüber, wie bei einer Beerdigung etwas Lustiges passiert ist. Oder sie berichteten mir von seltsamen Momenten, als sie jemanden verloren, den sie liebten.

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Da liegt der Humanismus in der Komik: Er kann eine Verbindung schaffen oder uns selbst über schmerzvolle Erfahrungen ins Gespräch kommen lassen. Die kurze Antwort auf die Frage ist demzufolge: ja.

Robin Ince (*1969) ist Schriftsteller, Schauspieler und Stand-Up-Comedian. Zusammen mit dem Physiker Brian Cox führt er im Radioprogramm der BBC durch die mehrfach preisgekrönte Wissenschafts- und Comedysendung „The Infinite Monkey Cage“. Für seine Verdienste um die Wissenschaft wurde ihm vom Royal Holloway College der Universität London die Ehrendoktorwürde verliehen. Ince ist erklärter Atheist und Patron der Humanists UK.

Wie wird Ihre Comedy von Humanismus beeinflusst? Und beeinflusst Comedy umgekehrt ihre humanistische Weltanschauung?

RI Eigentlich glaube ich nicht, dass beides sich gegenseitig beeinflusst, aber wenn man – wie ich – in einem gottlosen Universum lebt, könnte genau das einer der Gründe sein, warum man immer mehr und mehr und mehr wissen will. Ich habe einen nicht zu stillenden Wissensdurst. Ich will begreifen, warum das Universum so ist, wie es ist, und warum wir so sind, wie wir sind. Lernen ist für mich fast ein religiöses Ritual, ich habe einen unbändigen Hunger, weil ich glaube, dass es keine einfachen Antworten gibt. Mein hektischer und sprunghafter Stil auf der Bühne und im Gespräch spiegelt das in gewisser Weise wider.

Würden Sie der Idee zustimmen, dass Humanismus eher sauertöpfisch daher kommen kann? Anders gefragt: Nimmt Humanismus sich selbst zu ernst?

RI Ach, alle Menschen bewegen sich gleichermaßen auf einem schmalen Grat, wenn es darum geht, das Leben ernst zu nehmen und gleichzeitig zu akzeptieren, dass es im Grunde lächerlich ist und wir genauso lächerlich sind. Ich meine aber, dass es sehr wohl möglich ist, das Leben ernst zu nehmen, gleichzeitig aber auch anzuerkennen, dass es doch nur die Bühne bereitet für den einen, endgültigen Witz.

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