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Fernsehen gegen Vorurteile

Wer nach humanistischem Fernsehen sucht, wird nicht nur bei Gene Roddenberrys Star Trek fündig: Vor 60 Jahren feierte Rod Serlings TV-Klassiker The Twilight Zone Premiere.

Mitten in einer Zeit von nuklearer Aufrüstung, Paranoia und Segregation feierte The Twilight Zone Premiere. Vor 60 Jahren schuf Rod Serling eine Fernsehserie mit aufklärerischem Anspruch, voller unterhaltsamer Mystery-Elemente und doch getragen von humanistischen Idealen.

Die ersten Worte spricht der Schöpfer selbst: Als CBS am 2. Oktober 1959 die erste Folge der Serie The Twilight Zone ausstrahlt, tritt zunächst ihr Erfinder Rod Serling vor die Kamera. Serling hat sich zu diesem Zeitpunkt bereits als ambitionierter und talentierter TV-Macher einen Namen gemacht, nun ist es ihm vorbehalten, „seine“ Serie dem Publikum vorzustellen – und er geizt nicht mit Lob. Als „sehr besondere Serie“ stellt Serling Twilight Zone also vor, als Serie, die selbstredend zu Unterhaltungszwecken produziert worden sei, aber eben auch höheren Ansprüchen genügen wolle. „Wir glauben, Twilight Zone wird ziemlich einzigartig sein. Es wird viel über sie geredet werden“, gibt sich Serling selbstbewusst – im Nachhinein betrachtet durchaus mit Recht.

Denn in der Tat wird Twilight Zone, in Deutschland ab 1961 ausgestrahlt unter dem Titel „Unwahrscheinliche Geschichten“, ein großer Erfolg. Noch unter Serlings Ägide entstehen 156 Folgen, in dieser Zeit gewinnt der Serienerfinder für seine Arbeit zwei Emmys und einen Golden Globe. In mittlerweile drei Neuauflagen seit den 1980er-Jahren folgen rund 100 weitere Episoden – da jedoch schon ohne Serlings Beteiligung, der 1975 an Herzversagen stirbt.

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Manche Episode darf gar als eine Art nationalen Kulturguts gelten, die kultige Geschichte Nightmare at 20.000 Feet (dt. Porträt eines ängstlichen Mannes) etwa, die – mit dem späteren Star-Trek-Kapitän William Shatner in der Hauptrolle – 1963 erstmals ausgestrahlt wird, später den Stoff für den „inoffiziellen“ Twilight-Zone-Film The Horror at 37.000 Feet liefert und noch 50 Jahre nach ihrer Erstausstrahlung in der Comedy-Show Saturday Night Live parodiert wird (hier dann schon von und mit Jude Law). 2019 erfährt die Geschichte ein weiteres Remake: Seit April strahlt der Streaming-Anbieter CBS All Access Neuauflagen alter Folgen aus. Diverse Ranglisten zählen The Twilight Zone da längst zu den besten Fernsehserien aller Zeiten.

Verletzlicher Kriegsheld, „starker Jude“

Wie so oft: Uneingeschränkt gefeiert wird die Serie anfangs nicht. Bis 1964 wird The Twilight Zone nicht weniger als dreimal abgesetzt. Kritiker*innen stößt die klare antirassistische Haltung ebenso auf wie die oft ätzende Kritik an der damals herrschenden Paranoia des Kalten Krieges. Auch wenn sie loyale Fans hat: Der konservative Teil des Fernsehpublikums kann mit Serlings moralisierender Serie nichts anfangen.

Rod Serling selbst führte in viele Episoden der Twilight Zone ein.

Wer aber ist der kreative Kopf hinter The Twilight Zone? Nun, als Rod Serling 1945 aus dem Pazifikkrieg heimkehrt, trägt er Orden und Narben. 21 Jahre ist er damals alt, und gezeichnet für sein restliches Leben. Bronze Star, Purple Heart und Philippine Liberation Medal weisen ihn als verdienten Soldaten aus, eine Schusswunde am Knie als jemanden, der auch, aber nicht nur physisch am Krieg gelitten hat. Obwohl er die Notwendigkeit des Krieges nicht grundsätzlich ablehnt – wie sonst hätte man Japan und Nazideutschland stoppen sollen? – ist Serling weit davon entfernt, ihn zu glorifizieren. Szenen vom philippinischen Schlachtfeld quälen Serling noch Jahre später, in Alpträumen und Flashbacks. Sie beeinflussen nicht zuletzt auch sein Schreiben.

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Ab 1946 arbeitet Serling für Radiosender in New York und Cincinnati, gegen 1950 schreibt er erste Stücke fürs Fernsehen. 1955 wird das Drama Patterns zu seinem ersten großen Erfolg, gefeiert von Kritik und Publikum gleichermaßen. Drei Jahre später stellt er The Time Element fertig, eine ursprünglich als Pilot für eine spätere Serie gedachte Geschichte über einen Mann, den Alpträume von der japanischen Attacke auf Pearl Harbor um den Schlaf bringen. Auch The Time Element erhält überwältigend positiven Zuspruch, so dass Serling von CBS die Erlaubnis für eine wöchentliche Serie erhält. Am 2. Oktober 1959 feiert The Twilight Zone schließlich Premiere.

Science-Fiction trifft Mystery und Horror, gerne garniert mit einer nur wenig subtil formulierten Moral: Das ist The Twilight Zone, insbesondere in den frühen Jahren. Wie ihr Schöpfer Serling wendet sich Twilight Zone entschieden gegen Rassismus und Nazismus. Für manche Folgen stellt sich Serling selbst vor die Kamera, für andere schreibt er nur das Drehbuch und in wieder anderen meldet er sich als Stimme aus dem Off. Schon früh weiß Serling, sensibilisiert durch die Radiospiele des berühmten Journalisten Norman Corwin, um die Bedrohung, die von den Nationalsozialisten ausgeht. „The Nazis“, schreibt Marek Breiger, „were never comically treated by Serling as they would be in Hogan’s Heroes, a program he detested. In Serling’s hands, Nazis were portrayed not only as men driven by mean and petty passions, but as the real or potential murderers they were and are.“

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Seinen Ausdruck findet Serlings Humanismus, der immer auch ein Antifaschismus ist, unter anderem in zwei Episoden der Twilight Zone, die Nationalsozialismus und den Holocaust behandeln – wobei Serling die ältere der beiden, die 1961 ausgestrahlte Geschichte Deaths-Head Revisited über einen sadistischen Nazi-Kommandanten (deutsch: Schatten der Vergangenheit) zugleich für einen Appell aus dem Off nutzt: „All diese Dachaus müssen stehen bleiben. Die Dachaus, die Belsens, die Buchenwalds, die Auschwitz‘ – sie alle. Sie müssen stehen bleiben, weil sie an eine Zeit erinnern, da einige Männer beschlossen, die Welt in einen Friedhof zu verwandeln. […] Und im selben Moment, an dem wir das vergessen, im Moment, da uns die Erinnerung daran nicht länger heimsucht, werden wir zu Totengräbern.“

Glaubt man seiner Frau Carol, war Teilnahmslosigkeit für Serling das schlimmste. Nichts ärgerte ihn mehr als das ostentative Nichts-Tun, sich um nichts zu kümmern und narzisstisch nur um sich selbst zu kreisen. Eigene Diskriminierungserfahrungen – als Jude ist der junge Serling in der Stadt Binghamton damals auch antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt – und Kriegserlebnisse machen Serling nur stärker, er wird in seinen eigenen Augen zu einem tough jew, der sich nur umso vehementer gegen Ungerechtigkeiten einsetzt. Dass ihn Suprematisten dafür anfeinden oder seine Filme mitunter noch im Schnittraum um ihre schärfsten Stellen gekürzt werden, mag ihn treffen – darüber einknicken wird Serling bis zuletzt nicht.

Auch wenn die Serie hierzulande kaum bekannt sein mag, in den USA sind The Twilight Zone und ihr Erfinder Rod Serling vielleicht so populär wie nie. Während die Serie unzählige Wiederholungen erfährt, kümmert sich gleichzeitig die Rod Serling Memorial Foundation um das Erbe des nun vor fast 45 Jahren verstorbenen Autors. Biografien nennen ihn das Gewissen einer Generation oder gar „Television’s Last Angry Man“. Wohlmeinende Kritiken bemerken außerdem, dass The Twilight Zone in der Tradition der großen amerikanischen Kurzgeschichten stünde – und diese Tradition in anderem Format auch fortgeführt habe. Gelten Serien wie Akte X oder Black Mirror heute als späte Erben der Serie, so steht sie selbst wiederum in einer Reihe mit Werken von Edgar Allan Poe, Ray Bradbury oder Sherwood Anderson (gut möglich sogar, dass Poe die psychologischen Twists der Twilight Zone, der in ihr dargestellte Wahnsinn und die vielen Wendungen durchaus gefallen hätten). Und eine Serie, über die solches gesagt werden kann, darf, mit den Worten Rod Serlings, doch nun wirklich als „sehr besonders“ gelten.

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