Rezensionen
Leben ohne Religion
Paul Kurtz (1925-2012) war ein wichtiger Humanist in den USA. In seinem Buch „Leben ohne Religion“ (1989) erläutert er sein Konzept eines säkularen, sozial engagierten Humanismus. Die deutschsprachige Übersetzung erschien 1993 im Angelika Lenz Verlag. Doch Kurtz‘ rund 160 Seiten umfassendes Plädoyer hat bis heute nur wenig von seiner Aktualität verloren.
Paul Kurtz (1925-2012) war ein wichtiger Humanist in den USA. In seinem Buch „Leben ohne Religion“ (1989) erläutert er sein Konzept eines säkularen, sozial engagierten Humanismus. Die deutschsprachige Übersetzung erschien 1993 im Angelika Lenz Verlag. Doch Kurtz‘ rund 160 Seiten umfassendes Plädoyer hat bis heute nur wenig von seiner Aktualität verloren.
Paul Kurtz wendet sich seinem Buch zunächst gegen die in den USA lange einflussreiche Vorstellung, dass es sich beim Humanismus um eine neuartige Religion handle. Zur Klarstellung plädiert Kurtz für den Begriff „Eupraxophie“ (= gute praktische Weisheit).
Dieser basiert auf einem kritischen wissenschaftlichen Zugang zur Welt: „Das Besondere am Humanismus als Eupraxophie ist, das er die Methoden objektiver Forschung auf alle Lebensbereiche ausdehnen möchte, einschließlich aller religiösen, philosophischen, ethischen und politischen Belange […].“ (S. 29) Dieser auf Erfahrung beruhende Ansatz ist sich der (sich erweiternden) Grenzen wissenschaftlicher Forschungen bewusst. Zudem gibt er nicht den Versuch auf, eine zusammenfassende Sicht geben zu wollen. Zwar gibt es „gegenwärtig keine umfassende Theorie des Universums. Nichtsdestotrotz haben wir kaleidoskopartige Bilder der Natur, die eine wissenschaftliche Grundlage besitzen.“ (S. 33)
Kurtz geht von einem „allgemeinen moralischen Anstand“ aus, da „tief verwurzelt in unserer Geschichte als soziobiologische Wesen unsere Möglichkeiten zum moralischen Verhalten angelegt sind“. „Ethische Prinzipien, die die Vernunft entdecken kann“ (S. 42) sind z.B. Integrität, Vertrauenswürdigkeit, Güte und Aufrichtigkeit.
Teil einer humanistischen Ethik ist eine Sozialpolitik, die er vom dogmatischen Marxismus abgrenzt. Für Kurtz ist „eine demokratische Gesellschaft […] eine Gesellschaft, die die Verpflichtung erkennt, für alle Menschen die Gelegenheiten und Mittel zur Verfügung zu stellen, um ihre Grundbedürfnisse in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht zu befriedigen.“ (S. 48) Zwar bleibt sein Konzept einer demokratischen, liberalen und toleranten Gesellschaft etwas vage, aber sicher hat es weder etwas mit dem Kommunismus noch mit dem Neoliberalismus zu tun. Statt auf „messianische Ideale“ (S. 112) setzt er auf eine „starke Dosis Skeptizismus“ (S. 114).
Zuletzt widmet er sich der Frage, wie der säkulare Humanismus Menschen inspirieren kann. Hier tritt er u.a. für Religionskritik ein: „Ein wesentliches Element des säkularen Humanismus ist […] negative Kritik, nicht nur an den heiligen Kühen der vorherrschenden religiösen Orthodoxien, sondern auch an anderen irrationalen Behauptungen, die in der Öffentlichkeit gemacht werden.“ (S. 139)
Darüber hinaus plädiert er abschließend für eine humanistische Kultivierung der ethischen Erziehung und für die Schaffung von Zentren, in denen eine humanistische Kultur öffentlich gelebt werden kann.
Insgesamt ist das Buch, auch wenn über ein Vierteljahrhundert seit seiner Veröffentlichung vergangen ist, weiterhin lesens- und bedenkenswert.