Coronakrisen-Tagebuch
Der Brexit und die Dancing Queen
Nur drei Wochen noch, dann sollen die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU geregelt sein. Was aber, wenn eine tanzende Queen den Brexit rückgängig macht?
Würde Queen Elizabeth ganz anders handeln, wenn sie nur könnte? Ziemlich sicher sogar. Vielleicht würde sie tanzen, abdanken, den Brexit rückgängig machen. Warum auch nicht? Im Traum funktioniert das doch schon ganz gut!
Eine Traumgeschichte von Frank Stößel
Noch niemals habe ich von Staatsmännern oder Königlichen Hoheiten geträumt, das müsst Ihr mir jetzt einfach glauben, Ihr lieben Queen-Elizabeth-Fans, anstatt gleich mit den Augen zu rollen, wenn ich von meinem Traum mit Eurer Queen erzählen soll.
Heute Morgen nahm ich während des Aufwachens, gegen das ich mich noch ein wenig zu wehren versuchte, das beglückende Gefühl eines wunderschönen Traums mit in den anbrechenden Tag. Stellt Euch vor, ich, der Monarchien in der EU für einen erbärmlichen Anachronismus und eine Schande für die Demokratie hält, habe von und mit einer richtigen Königin geträumt.
Beim Tanzen lagen wir uns in den Armen. Wir schwebten in einem hell erleuchteten Ballsaal mit schwungvollen Drehern zwischen heiteren Menschen dahin. Sie beachteten uns gar nicht. Sie waren einfach fröhlich. Was brauchten sie da uns zu ihrem Glück. Daher konnten wir beide uns ganz ungeniert sogar schräge Witze über Brexit und Boris ins Ohr flüstern. Als ich Lizzy dann den Refrain von John Olivers Song Brexit-Song aus dem Jahre 2016 „We would all be batshit crazy if we vote for leaving it!“ ins Ohr summte, war es um unsere Contenance geschehen. Das war für mich so befreiend, als flöge ich wieder einmal voller innerem Frieden über grenzenlose Landschaften hinweg wie eine Daunenfeder.
Flug über das royale Parkett
Ich gestehe, dass auch ich sehr glücklich war, denn meine Dancing Queen spiegelte mir das mit einem entzückend mädchenhaften Lächeln zurück. Ich konnte es erst gar nicht fassen, dass ich bei meinem neuesten Flug, wenn auch nur knapp über dem Parkett, nicht alleine war, sondern in Begleitung der Queen als einer neuen Königin der Herzen, die sich verhielt, als sei so glücklich, weil sie ohne Beachtung royaler Gepflogenheiten ganz selbstverständlich tat, was und wie es ihr als freier Mensch gefiel.
Alleine wenn ich an diesen Augenblick denke, spüre ich noch immer ein Kribbeln bei der Erinnerung an diesen beflügelnden Tanz. Ich entfloh also meinem Bett, um meiner guten Hälfte, die bereits unseren Breakfast Tea in der Küche zubereitete, von meiner berauschenden Begegnung zu berichten, bevor sich dieser romantische Film im Nichts auflöste.
„Ach, du bist wieder einmal geflogen, das sehe ich dir an, mein Lieber, du wirkst so fröhlich, wie schön. Hattest du einen guten Flug?“ „Ja, und zwar einen so schönen wie mit dir, als wir einmal über Cornwall schwebten. Dieses Mal bin ich wieder nicht alleine geflogen. Und eigentlich bin ich auch nicht wie sonst über Berge, Flüsse und Täler geflogen. Stell dir vor, ich habe mit ihrer Majestät Queen Elizabeth getanzt und gescherzt. Und dabei sind wir vielleicht gerade einmal eine Handbreit über dem Parkett wie zwei Wattebäuschchen dahingeschwebt.“ „Oh, das hört sich ja total spannend an. Erzähl doch weiter!“
„Ok, aber du wirst nicht eifersüchtig werden?“ „Wo denkst du hin. Ich bin und bleibe deine Königin im hier und Jetzt, das wissen wir beide doch, oder.“ „Also gut, was haben wir uns amüsiert. Lizzy, so sollte ich sie nennen, gestand mir später beim Abschied, sie habe sich schon lange nicht mehr so heiter und so unbeschwert gefühlt, ob wir uns nicht bald wiedersehen könnten.“ „Muss ich da jetzt eifersüchtig sein?“ „Nein, ganz und gar nicht. Du kannst ja beim nächsten Mal mit kommen und auch mal mit Lizzy tanzen, wenn du magst. Sie möchte dich unbedingt kennenlernen, weil du ihren Ausspruch „Fuck You Brexit“ bestimmt genauso klasse findest wie ich, sagte ich ihr schon voraus.“ „Gut, ich überlege es mir, ok.? Erzähl weiter.“ „Total begeistert war sie, als ich ihr erzählte, dass wir beide die britische Teekultur so sehr schätzen und praktizieren, manchmal von von früh bis spät, und immer noch träumen von unserem Afternoon Tea at the White Cliffs of Dover, von wo aus wir Kent, the Green Garden of England, erwanderten.
Dann, und jetzt kommts, meine Liebe, fragte sie mich, mal in fließendem Deutsch mal in ihrer Muttersprache, was ich von dieser Idee halte: ‚Frankie, my Dear, halt dich fest! Ich habe vor, mich als Queen abzusetzen. Gleichzeitig werde ich die Monarchie als obsolet erklären und mich zur ersten Präsidentin der New British Union ausrufen. Selbstredend werde ich auf diese Weise Boris und seine Gefolgschaft aus der Regierung werfen und meinen Sohn Charles bitten, als geschäftsführender Unionskanzler eine parlamentarische Versammlung in Kooperation mit unseren vier Unionsländern einzuberufen, zu welcher die Irische Republik gerne Beobachter entsenden darf, damit wir endlich das leidige Thema Nordirland vom Tisch bekommen. Erste Aufgaben neben den akut-aktuellen Aufgaben Pandemie-Bekämpfung und Brexit-Reset werden sein: eine für jedermann nachlesbare Verfassung erarbeiten, das House of Lords auflösen, dafür einen Bundesrat als House of the British Union einrichten, deren Mitglieder ungeachtet ihres Standes von den vier Unionsländern direkt oder indirekt gewählt werden. Und last but not least: Oberhaupt der Anglikanischen Kirche bleibe ich allerdings noch, warum, das erzähle ich dir bei unserem nächsten Rendevouz.‘
Vom United Kingdom zu Little Britain
Wenn das dein Ernst ist, meine liebe Elisabeth, Queen of my Heart, machst du nicht nur mich glücklich, sondern auch die Mehrheit der Europäer, weil wir euch doch lieben, ihr ollen Insulaner. ‚Eines aber möchte ich noch anfügen. Dass there something rotten ist in the state of Old Britain, ist mir auch klar. Aber sicher gibt es die eine oder andere Regelung in der EU, weshalb es knirscht zwischen den souveränen Mitgliedsstaaten, die unter die Lupe genommen werden muss, zum Beispiel in Hinsicht auf unsere gemeinsame Gesundheits- und Sicherheitsunion. Welche Nüsse noch zu knacken sind, soll man bitte gemeinschaftlich besprechen und nicht sezessionistisch hinaus posaunen. Du weißt doch, Dear, Worte sind wie Pfeile. Man kann sie schlecht wieder zurückholen. Und das noch zum Schluss, bevor ich wieder in meinen Buckingham-Palast zurückkehre. Ausgerechnet euer Stoibi sollte ja einmal unsere EU entbürokratisieren. Dabei heraus kam wenig, weil es eine Einmann-Show war. Solche Shows haben leider den Nachteil, dass sie genau den einen Mann irgendwann überfordern. Und was kommt dann hinten raus? Ein total, sorry für diesen vulgären Ausdruck, verfickter Brexit.‘“
Was sollte ich mich da über diese pikanten Worte meiner Lizzy aufregen, wenn sie doch genau das ausdrückte, was auch ich mit vielen anderen Menschen meine. Im Traum darf man doch alles sagen, tun und eben auch träumen. Und mit Handküsschen und Handküsschen und …. flog Lizzy zurück auf ihre Insel, die von oben neuerdings wie Little Britain aussieht und nicht mehr wie Groß-Britannien, und ich nach New Germany, das auch einmal von Größe träumte und nun als normales Land neben anderen in der Europäischen Union ganz zufrieden einfach nur noch Deutschland ist.
Manchmal gehen Träume in Erfüllung, besonders wenn man sie mit in den Tag hinein nehmen und umsetzen kann. Ganz ehrlich, mich würde interessieren, ob Lizzy auch einmal in die Träume von Boris einkehrt und ihm ihre republikanisch-europäischen Pläne darlegt, damit er noch rechtzeitig die Kurve kratzen kann, um seinen Landsleuten und Europa ein „Moratorium vom Brexit“ oder „A New Referendum“ zu verkünden.
Alles Gute zwischen den Jahren. Bleiben Sie Corona-mäßig negativ und europäisch positiv!