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Klimawandel: Wer wartet, zahlt drauf

Sofortiges Handeln ist der beste Schutz vor vielen unvorhersehbaren kleinen Katastrophen. Denn der Klimawandel wird Folgen haben – aber wann diese auftreten und wie schwerwiegend sie sein werden, lässt sich nicht exakt bestimmen.

Sofortiges Handeln ist der beste Schutz vor vielen unvorhersehbaren kleinen Katastrophen. Denn der Klimawandel wird Folgen haben – aber wann diese auftreten und wie schwerwiegend sie sein werden, lässt sich nicht exakt bestimmen. Genau diese Unsicherheit könnte helfen, Menschen zu schnellerem Handeln gegen den Klimawandel zu bewegen.

Computersimulationen zeigen, wie wiederholt und unvermittelt auftretende Katastrophen Menschen zu gemeinsamem Handeln bewegen können. Ohne schnelle Maßnahmen gegen den Klimawandel werden Naturkatastrophen wie das Hochwasser 2013 in Sankt Goarshausen am Rhein bei Koblenz künftig häufiger und stärker auftreten. Foto: © 123RF/andreyshevchenko

Im Kampf gegen den Klimawandel ist die gesamte Menschheit gefordert: Menschen und Staaten müssen miteinander kooperieren, wenn sie die Folgen zumindest mildern wollen, die der menschengemachte Temperaturanstieg verursacht. Ein schwieriges Unterfangen, wie die vielen Klimakonferenzen zeigen, schließlich müssen Menschen auf unmittelbare Profite verzichten – und das für vermeintliche Vorteile in einer fernen Zukunft.

Ganz unmöglich scheint dieses Ziel nicht zu sein. Dies legen Ergebnisse von Computersimulationen von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie in Plön, der Universität Toronto und des Geomar in Kiel nahe. Wissenschaftler untersuchten die Voraussetzungen, unter denen Menschen auf individuelle Vorteile zugunsten des Allgemeinwohls verzichten, mithilfe sogenannter Allgemeingut-Spiele, in denen Probanden reales oder virtuelles Geld je nach Verhaltensstrategie verdienen oder verlieren können. In ihrer theoretischen Studie hatten die Forscher mit Computersimulationen die geeignetsten Verhaltensstrategien für den Umgang mit wiederholt auftretenden negativen Ereignissen untersucht. Dies soll Hinweise darauf liefern, wie sich Individuen dazu bewegen lassen, die Kosten für Maßnahmen gegen solche nicht exakt vorhersagbaren kleineren Katastrophen aufzubringen.

Virtuelles Klimaspiel

In der Simulation erhalten Spieler einen virtuellen Geldbetrag, den sie im Verlauf von mehreren Spielrunden auf ein gemeinsames Konto einzahlen können. Das Konto steht für die Kosten, die Menschen für Klimaschutzmaßnahmen aufbringen müssen. Im Spiel simulieren die Forscher die negativen Folgen der globalen Erwärmung, indem sie den virtuellen Spielern zu beliebigen Zeitpunkten Geld abziehen, wenn sie nicht genügend Mittel für den gemeinsamen Topf bereitstellen. Im Unterschied zu vielen anderen Gemeingut-Spielen verlieren die Spieler aber nur einen Teil ihres Guthabens, mit dem Rest können sie die nächsten Spielrunden bestreiten. Wann genau und in welcher Höhe sie wieder zur Kasse gebeten werden, wissen sie jedoch nicht. Alle Spieler haben hierbei nur ihren eigenen Vorteil im Blick, das Gemeinwohl spielt für sie keine Rolle.

Jeder Spieler kann nun durch eigene Beiträge verhindern, dass er und seine Mitspieler Geld verlieren. „Unter diesen Bedingungen ist es für jeden Einzelnen vorteilhaft, möglichst frühzeitig auf das gemeinsame Konto einzuzahlen, denn keiner kann wissen, wann ihm ein Verlust droht. So sorgt jeder so früh wie möglich für die Zukunft vor – egal, wieviel Geld ihm zur Verfügung steht“, erklärt Maria Abou Chakra, Erstautorin der Studie. Auch Spieler, deren Vermögen kleiner ist als das ihrer Mitspieler können unter Umständen von ihren Beiträgen profitieren.

Rasches Handeln ist günstiger

Die Spielbedingungen spiegeln die vorausgesagte Entwicklung des Erdklimas wider. Die meisten Klimaforscher stimmen darin überein, dass nicht eine einzige große Katastrophe in einer fernen Zukunft droht, wenn wir unsere Klimaziele nicht erreichen. Vielmehr wird der Klimawandel kontinuierlich in vielen kleinen Schritten fortschreiten. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass man sich am effektivsten vor den Folgen des Klimawandels schützt, indem man sich möglichst frühzeitig an Maßnahmen zur Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes beteiligt. Auf diese Weise kann jeder einzelne seine eigenen Verluste möglichst klein halten. Wer zu lange wartet, zahlt dagegen drauf“, sagt Traulsen vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie.

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Während sich in der Simulation alle Spieler bewusst sind, dass eine Katastrophe droht, ist dies in der Realität nicht der Fall. Über die kurz- und langfristigen Folgen des Klimawandels aufzuklären, bleibt deshalb unverzichtbar. Wer aber beispielsweise nur davor warnt, dass ein bestimmter Küstenabschnitt in 50 Jahren im Meer versinken wird, könnte unabsichtlich die Bereitschaft senken, schon heute in Gegenmaßnahmen zu investieren. Statt auf einer bis zur Jahrhundertmitte oder noch weiterreichenden Klimastrategie zu bestehen, sollten also kurzfristigere und dafür bescheidenere Zwischenziele diskutiert werden. „Damit lassen sich rationale Spieler eher zum gemeinsamen Kampf gegen Katastrophen bewegen, denn sie würden dann von ihrem Beitrag bereits kurz- oder mittelfristig profitieren“, so Traulsen.


Foto: Foto Hollin / Wikimedia Commons / CC BY-SA

Naturgesetze bricht man nicht ungestraft! Wissenschaftlich belegt ist, dass sich der Klimawandel nur stoppen lässt, wenn wir in jedem Jahrzehnt die globalen Emissionen halbieren. Daran erinnert Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber, bis September 2018 Direktor des 1992 von ihm gegründeten Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und langjähriges Mitglied des Weltklimarats (IPCC), in der aktuellen Ausgabe vom Physik Journal, der Zeitschrift der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Schnellnhuber meint, „wo die Politik versagt, liegt unsere Hoffnung bei denjenigen Menschenkindern, die kein Problem mit den Naturgesetzen haben, sich aber nicht den weiterhin vorherrschenden Regeln der Konsumgesellschaft unterwerfen wollen: Die widerborstige Jugend hätte die Kraft und die Möglichkeit, eine nachhaltige Transformation ‚von unten‘ in Gang zu setzen.“ Weiterlesen…

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