Essay & Diskurs
Auch ohne Taufe ist das Menschsein komplett
Ein kurzer Nachtrag des Philosophen Joachim Kahl zu Monika Grütters Entgleisung. Diese meinte in der ZEIT bei Berliner Schulkindern eine „kulturelle Unbehaustheit“ feststellen zu müssen, weil sie ungetauft sind.
Ein kurzer Nachtrag des promovierten Theologen und Philosophen Joachim Kahl zu Monika Grütters (CDU) Entgleisung. Diese meinte in der ZEIT bei Berliner Schulkindern eine „kulturelle Unbehaustheit“ feststellen zu müssen, weil sie ungetauft sind.
Von Dr. Dr. Joachim Kahl
Denn umgekehrt muss sich die Staatsministerin im Kanzleramt vorhalten lassen, dass ihre Ansicht von kultureller Unbedarftheit zeugt und einen argen politischen Fehltritt verrät. Übersieht sie doch, dass heute immer mehr Eltern zu der emanzipatorischen Einsicht gelangen: Unser Kind soll später einmal selber über seine Religionszugehörigkeit oder -Nichtzugehörigkeit entscheiden. In der Tat verletzen religiöse Initiationsriten, sofern vollzogen an kleinen Kindern, eklatant deren Recht auf Religionsfreiheit.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland stellt völlig unzweideutig fest: „Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden.“ (Artikel 136 Weimarer Reichsverfassung, integriert ins Grundgesetz durch Artikel 140). Diese Präzisierung des Menschenrechtes auf negative Religionsfreiheit ist leider weithin unbekannt, weil in einem Anhang zum Grundgesetz versteckt. Aber eine professionelle Politikerin, die einen Amtseid abgelegt hat, muss die Verfassung auch in ihren Feinheiten kennen und beachten.
Unabhängig vom Alter sind Kinder eigene Rechtssubjekte, ja Menschenrechtssubjekte, nicht die Leibeigenen ihrer Eltern. Obwohl Eltern Recht und Pflicht der Erziehung haben, dürfen sie nicht selbstherrlich die eigene weltanschauliche Option und etwaige Mitgliedschaft ihren Kindern überstülpen, zumal, wenn diese mit dem Anspruch der Unumkehrbarkeit aufgeladen sind. Wer als Säugling getauft wurde, gehöre dem Leib Christi in alle Ewigkeit an, heißt es da. Wer als Knabe nach jüdischem oder muslimischen Ritus beschnitten wurde, bleibe für immer Jude oder Moslem. Ein feiner Mechanismus der Zwangsmissionierung, der sich an unmündigen, wehrlosen Kindern vergreift! Er hält freilich keinem Menschenrechtskanon stand.
Eltern sollen das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit im Sinne ihrer Kinder treuhänderisch schützen, nicht eigenmächtig ausüben
Das „Gesetz über die religiöse Kinderziehung“ von 1921, noch heute gültig, legt die Religionsmündigkeit auf vierzehn Jahre fest. Bis dahin dürfen die Eltern über die religiöse Erziehung ihrer Kinder bestimmen. Im Lichte des erwähnten Kinderrechtes kann dies nur bedeuten: Solange Kinder ihr Recht auf Religionsfreiheit noch nicht eigenständig wahrnehmen können, müssen die Erziehungsberechtigen es darin treuhänderisch beschützen, es aber nicht eigenmächtig ausüben.
Mit dem Begriff der kulturellen Unbehaustheit bezeichnet die Ministerin einen vermeintlichen Makel, das Ungetauftsein, das als anthropologisches Defizit gedeutet wird. Sie greift damit – wissentlich oder unwissentlich – auf eine Essaysammlung von Hans Egon Holthusen zurück, der 1951 unter dem Titel „Der unbehauste Mensch“ eine Signatur der Gegenwart liefern wollte. Er spielte damit auf den epochalen „Transzendenzverlust“ an, wie er sich in Nietzsches Diktum vom „Tode Gottes“ oder in Jean Pauls genialer „Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, dass kein Gott sei“ ausdrückte. Was als Zeitdiagnose höchst diskussionswürdig ist, wird von Monika Grütters als Waffe im politischen Alltag missbraucht.
Alles in allem: es gibt ein Leben in Freiheit, Würde und Schönheit auch ungetauft und ohne jede religiöse Bindung. Ein Lob auf unser Grundgesetz, das jeden nach seiner Fasson selig werden lassen will.
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Ulrike von Chossy, Michael Bauer
Erziehen ohne Religion: Argumente und Anregungen für Eltern
Mehr als ein Drittel der Deutschsprachigen bezeichnet sich als religionsfrei – Tendenz steigend. Dieser gesellschaftliche Trend wirft eine wichtige Frage auf: Wie können Eltern ihre Kinder ohne Rückgriff auf Werte und Vorstellungen aus den Religionen erziehen?
Die Autorin Ulrike von Chossy und der Autor Michael Bauer skizzieren, wie es gelingt, eine nicht-religiöse Haltung in der Erziehung einzunehmen. Aufbauend auf Erkenntnissen der Hirnforschung und Entwicklungspsychologie thematisieren sie den Umgang mit wichtigen Themen wie Lebenskrisen, Tod und Trauer.
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Raphael Weiss
Gedanken unter dem Sternenhimmel
Der Nachthimmel steckt voller Geheimnisse! Das stellt auch Mira fest, als sie mit ihrem Papa die Sterne beobachtet. Dabei geraten sie ganz schön ins Philosophieren! Sie sprechen über das Wunder des Universums, über Gott, über das gute Leben, über den Tod und über den freien Willen.
„Wie kann ich meine Kinder das Leben frei von vorgespurten Erklärungen entdecken lassen? Diese Frage beschäftigt mich, seit ich zur Geburt meines Sohnes eine Kinderbibel erhalten habe“, sagt Autor Raphael Weiss. Und so entstanden die Geschichten von Mira und Papa. Unser Dasein wirft viele Fragen auf, die wir nicht eindeutig beantworten können. Über diese Fragen nachzudenken, lässt uns staunen und mit offenen Augen durchs Leben gehen. Religionen behaupten, die „richtigen“ Antworten zu kennen. Gründe, dieser Aussage zu misstrauen, gibt es viele. Der wichtigste ist wohl, dass sie das eigenständige Denken ablehnt. Werfen wir also lieber einen Blick in den Nachthimmel anstatt in die Heiligen Schriften!
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Sascha Fiek
Abseits von Himmel und Sünde
Im jungen 21. Jahrhundert hat die Menschheit offenbar immer noch zu wenig aus ihrer Geschichte gelernt und droht aufgrund weltweit wachsender Spannungen, wieder in Krieg, Terror und Angst zu versinken. Am Tag nach einem verheerenden Terroranschlag in ihrer Stadt treffen sich die beiden Studenten Sophia und Taleb auf ihrem Universitätscampus, um gemeinsam über einen möglichen Ausweg aus der Gewalt zu diskutieren. In ihrem mal provozierenden, mal versöhnlichen Dialog gehen die beiden der Frage nach, wie Religionen, Menschen und Götter zueinander stehen und was zu tun ist, um der sich immer schneller drehenden Spirale aus Hass und Intoleranz zu entfliehen. Ihr philosophierender und psychologisierender Streifzug bietet am Ende auch Anlass zur Hoffnung; denn der Untergang der Menschheit ist nicht gewiss, sondern auch ein friedliches Miteinander scheint möglich. Dafür muss es jedoch gelingen, dass der Mensch lernt, den Menschen allein in seiner Eigenschaft als Mensch zu respektieren. Interesse geweckt? Jetzt gleich bestellen!
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