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Berlin

LSBTI-Gleichstellung: „Wir befürworten das klar und nachdrücklich“

Gleiches Recht für jedes Geschlecht! Von humanistischer Seite erhält die Forderung zu Artikel 3 Grundgesetz weiterhin deutliche Unterstützung. „Eine Änderung ist ganz klar überfällig“, sagt Ines Scheibe.

Gleiches Recht für jedes Geschlecht! Heute ist der Tag des Grundgesetzes: Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland hat darum seine Forderung nach Ergänzung von Artikel 3 Grundgesetz um die Merkmale der sexuellen und geschlechtlichen Identität erneuert. Auch von humanistischer Seite erhält die Forderung weiterhin Unterstützung.

Axel Hochrein, LSVD-Bundesvorstand: „Das Grundgesetz ist die Grundlage unseres Zusammenlebens. Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) sollten dort endlich sichtbar sein.“ Foto: © Caro Kadatz / LSVD

In Artikel 3 des Grundgesetzes sollten die Begriffe sexuelle und geschlechtliche Identität ausdrücklich mitaufgenommen werden. Diese Forderung hat der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) anlässlich des Tags des Grundgesetzes am heutigen 23. Mai erneuert.

Bisher sieht Artikel 3 vor, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich und Männer und Frauen gleichberechtigt sein sollen. Zudem solle der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung fördern und auf die Beseitigung bestehender Benachteiligungen hinwirken. Weiter heißt es: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Doch als das Grundgesetz vor fast 70 Jahren beschlossen wurde, war noch eine sehr einfache Vorstellung vom Begriff „Geschlecht“ vorherrschend, wie in etwa: Es gibt Männer und Frauen – und diese sollen sich auch alle ausschließlich heterosexuell verhalten. Zwar wusste man schon damals aus jahrtausendelanger Erfahrung, dass die Realität anders aussieht. Doch erst in den letzten Jahrzehnten hat sich in unserer Gesellschaft die Einsicht verbreitet, dass dem nicht nur so ist und es auch viele Bürgerinnen und Bürger gibt, die nicht in dieses kirchlich-religiös geprägte Schema passen. In immer größeren Teilen der Gesellschaft ist glücklicherweise zugleich die Akzeptanz und vor allem der Respekt für Menschen, deren Würde und deren Rechte gewachsen, die in geschlechtlicher Hinsicht und in ihrer sexuellen Identität nicht den geschlechtlichen oder sexuellen Rollen der Mehrheit entsprechen können – oder wollen. Und das ist gut so.

Änderung wäre auch ein Symbol gegen frühere Unrechtsjustiz

Denn: „Die strafrechtliche Verfolgung von Homosexuellen im demokratischen Deutschland nach 1945 war auch deshalb möglich, weil das Grundgesetz dies nicht von Anfang an verboten hat. Die Aufnahme der Merkmale der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität in den Gleichheitsartikel ist auch eine Konsequenz der Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels unserer Geschichte und der in der vergangenen Legislatur verabschiedeten Rehabilitierung der nach Paragraph 175 StGB Verurteilten“, sagte dazu Axel Hochrein vom LSVD-Bundesvorstand heute. Tausende Menschen waren noch nach Inkrafttreten des Grundgesetzes zu nicht selten heute drakonisch erscheinenden Strafen verurteilt worden, weil sie sich tatsächlich oder scheinbar homosexuell verhalten hatten.

Axel Hochrein sagte weiter: „Das Grundgesetz ist die Grundlage unseres Zusammenlebens. Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) sollten dort endlich sichtbar sein.“ Erst wenn auch Absatz 3 des Artikels ausdrücklich die geschlechtliche und sexuelle Identität erwähnt, kann die rechtliche Gleichstellung als abgeschlossen gesehen werden, sagte der LSVD-Bundesvorstand. „Gerade vor dem Hintergrund des zunehmenden Rechtspopulismus ist der verfassungsmäßige Schutz des bisher Erreichten ein dringendes Gebot der Stunde“, so Hochrein.

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Gläserne Wände - Bericht zur Benachteiligung nichtreligiöser Menschen in Deutschland

Der LSVD begrüße und unterstütze daher die geplante Gesetzesinitiative des Landes Berlin zusammen mit Rheinland-Pfalz zu einer Ergänzung des Grundgesetzes. „2019 wird das Grundgesetz 70 Jahre alt. Das wäre ein guter Anlass, um die Ergänzung von Artikel 3 nun zügig auf den Weg zu bringen“, sagte Axel Hochrein dazu. Die Freiheit und das Recht auf Verschiedenheit in Gleichheit müssten besser geschützt werden als bisher. Denn wer in Artikel 3 Grundgesetz nicht genannt wird, laufe Gefahr, in der gesellschaftlichen und politischen Wirklichkeit ignoriert zu werden, erklärte der LSVD hier. „So musste das Bundesverfassungsgericht in den vergangenen Jahren immer wieder korrigierend gegenüber diskriminierendem staatlichem Handeln eingreifen, um den Grundrechten von LSBTI auf Gleichbehandlung und freie Entfaltung der Persönlichkeit Geltung zu verschaffen“, erinnerte der Verband.

10 Jahre Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Aus Anlass des zehnten Jahrestages der Übergabe des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen an die Öffentlichkeit laden die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, der LSVD und die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld am 3. Juni 2018 zu einem Festakt ein. Festreden halten werden Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin, sowie Günter Dworek, Mitinitiator des Denkmals und Vertreter des LSVD und Gulya Sultanova vom LGBT-Filmfestival “Side by Side” in Sankt Petersburg.
Ort: Denkmal für die verfolgten Homosexuellen, Tiergarten/Ebertstraße, gegenüber dem Holocaustdenkmal, 10117 Berlin. Für die Teilnahme und die von eventueller Begleitung ist eine Anmeldung bis zum 28. Mai unter veranstaltungen@stiftung-denkmal.de unbedingt erforderlich.

Humanistin Scheibe: Änderung klar überfällig

Ines P. Scheibe. Foto: HMA / A. Platzek

Die Forderung des LSVD wird auch von humanistischer Seite unterstützt. „Wir befürworten diese Verbesserung unseres Grundgesetzes klar und nachdrücklich“, sagte dazu Ines Scheibe in Berlin. Die Psychologin ist Leiterin einer humanistischen Schwangerenberatungsstelle und aktives Gründungsmitglied im Koordinierungskreis des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung, das 2013 vom Humanistischen Verband Deutschlands mit ins Leben gerufen wurde. „Auch wir rufen die Bundesregierung und die Parteien dazu auf, recht bald dafür zu sorgen, dass alle Menschen diskriminierungsfrei über ihre Familienplanung und ihr Sexualleben entscheiden können und bei der Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützt werden – unabhängig von ihrer Herkunft, sexueller und geschlechtlicher Orientierung oder der sozialen, ökonomischen und gesundheitlichen Situation“, bekräftigte Ines Scheibe die Forderung des LSVD mit Bezug auf die Bündnis-Erklärung. Sie sagte: „In meinen Augen sind das Grundgesetz und die darauf aufbauenden Einzelgesetzlichkeiten verbesserungswürdig, denn sie entsprechen nicht der Perspektive und den Haltungen humanistisch denkender Menschen in Deutschland. Eine Änderung ist ganz klar überfällig.“

Fortbildung „Regenbogenfamilien: Alles was Recht ist“ – Einführung zur rechtlichen Situation von Regenbogenfamilien für Fachkräfte in Berlin Zu einer Fortbildung zur rechtlichen Situation von Regenbogenfamilien lädt der LSVD Berlin-Brandenburg am 1. Juni 2018 von 9 bis 13 Uhr in das Regenbogenfamilienzentrum in Berlin-Schöneberg. Die Teilnahme an der Veranstaltung für Fachkräfte von Familienzentren, Kitas, Frühen Hilfen und Beratungsstellen ist kostenlos. Um Anmeldung unter konsultation@regenbogenfamilien.de wird gebeten. Ort: Cheruskerstraße 22, 10829 Berlin

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